Keine echte Rundtour, aber trotzdem mein persönlicher Favorit unter den Lusenwanderungen. Start und Ende dieser Tour ist an der Racheldiensthütte auf 870m. Je nach Startzeit, ist auf dieser Wanderung eine zweifache Einkehr 🙂 möglich. Aber der Reihen nach…
Los geht’s an dieser abschreckenden Beschilderung. Ein Tagesmarsch steht bevor, über 4 Stunden auf den Lusen und dann noch der Rückweg… Vergiss die angegebenen Zeiten, nutze die Schilder nur als Wegweiser. Du brauchst, bei einigermaßen zügigem Schritt, die ausgeschilderten 4 1/4 Stunden nichtmal für den Hin- und Rückweg.
Also, nicht abschrecken lassen. Einfach losmarschieren auf dem Europäischen Fernwanderweg E6 (grünes Dreieck) Richtung Fredenbrücke. An den, die Durchfahrt versperrenden, Felsbrocken hindurch nach Osten. Die 3km zum Parkplatz Fredenbrücke sind der ideale Einstieg in diese Bayerwald-Tour. Weicher Waldboden mit wenig Steinen und Wurzeln. Ein Wald wie im Bilderbuch und immer wieder kleine Bäche und Wasserläufe, die es zu überqueren gilt. Vorallem in den frühen Morgenstunden erfährst du hier ein sehr intensives Naturerlebnis.
Und es geht sogar etwas bergab. Der Höhenmesser zeigt nach gut einer halben Stunde Gehzeit 845m an der Fredenbrücke. Das ist der tiefste Punkt dieser Wanderung, ab jetzt geht’s 528hm bergauf.
An dieser Stelle möchte ich nochmal meine vorherige Kritik an den unrealistischen Zeitangaben bekräftigen. Beim Start an der Diensthütte war der Lusen noch mit 4 1/4 und die Fredenbrücke mit 1 Stunde beschildert. Hier, am 1 Stunde entfernten nächsten Schild, an der Fredenbrücke, sind es plötzlich nur noch 2 3/4 Stunden zum Lusen. Wer also in einer Stunde von der Diensthütte zur Fredenbrücke geht, schafft damit 1.5 Stunden auf dem Weg zum Lusen. Nur ein Beispiel, wie wenig aussagekräftig diese Zeitangaben in Wirklichkeit sind. Aber jetzt weiter, rauf auf den Lusen.
Auf den nächsten 1.7km und 130Hm rauf zur Martinsklause, kommt der Wanderer in den Genuss der Kleinen Ohe, die direkt neben dem Trail ins Tal fließt. Das plätschernde, kristallklare Wasser macht diesen Abschnitt, ähnlich wie die Flanitz am Klingenbrunner Rachelsteig, zu einem ganz besonderen Naturerlebnis. Pure Wellness für alle Sinne.
Wenn der Weg dann nur noch aus groben Steinen besteht, dann ist der Stausee nicht mehr weit. Und plötzlich taucht er vor einem auf. Ein echt toller Anblick.
Der im 19. Jahrhundert aufgestaute See diente der Holztrift auf der Kleinen Ohe. Heute ist er ein idyllischer Zwischenstopp auf dem Weg zum Lusen. Nimm dir ein paar Minuten Zeit zum Verweilen, mach eine kurze Rast am See.
Die kurze Pause tut auch deshalb gut, weil es ab jetzt recht steil weiter geht. Vom See auf 975m steigt man nun rauf zum Teufelsloch. Angeblich sagenumwoben, aber davon hat man als Wanderer eigentlich nichts. DasTeufelsloch fasziniert einen eher wegen dem alpinen Character des Wanderwegs und es weckt Vorfreude auf das Granitblockmeer am Gipfel. Der Puls steigt!
Das Teufeloch ist in zwei Minuten durchwandert. Zuerst geht’s ein paar Hm bergab und danach gleich wieder hoch. Das war’s!
Aber auch nach dem Teufelsloch bleibt es für weitere 100Hm recht anspruchsvoll. Auf treppenartig angeordneten Steinen geht’s durch einen wunderschönen Mischwald rauf zu einer Aussichtsplattform, die dank der herangewachsenen Fichten, keine Aussicht mehr bietet.
Auf den ca. 350m langen Holzsteg Richtung Glasarche kann man sich nun etwas erholen bevor man die letzten 200Hm rauf zum Lusengipfel in Angriff nimmt.
Nichts besonderes sind dabei die ersten 80Hm von der Glasarche rauf zum Plateau bei 1250m. Auf dem eintönigen und geraden Schotterweg kannst du aber einen sportlichen Zwischenspurt einlegen, und dich dann als Belohnung an diesem Gipfelanblick erfreuen.
Auf der kurzen Flachetappe bis zum Einstieg in die Himmelsleiter wirkt der Nationalpark wieder sehr intensiv auf den Wanderer ein. Gerade hier oben, wo vor 15 – 20 Jahren kein grüner Baum mehr stand, ist die Welt heute wieder sowas von in Ordnung. Für mich einer dieser Plätze, die jeden Kritiker verstummen – und jeden Befürworter, das Herz höher schlagen – lassen müssen. Wenn dich die Natur so richtig in ihren Bann gezogen hat, dann kommt der Höhepunkt dieser Lusenwanderung. Die Himmelsleiter. Wie in einem Treppenhaus gehst du nun die letzten 120Hm rauf zum Gipfel. Es ist anstrengend, aber sehr reizvoll.
Wenn du dann den letzten Baum hinter dir gelassene hast, dann schreitest du die letzten Meter auf dem einzigartigen Granitsteinhaufen hoch zum Gipfel.
Die etwa 8km und knapp 600Hm (es ging auch 90m bergab) schafft der sportliche Bergwanderer in etwa 2 Stunden. Wenn du also um 8Uhr morgens am Diensthüttenparkplatz losmarschierst, dann kommst du genau pünktlich zur Öffnung des Lusenschutzhauses um 10 Uhr zur ersten Einkehr. Die solltest du auf keinen Fall auslassen. Der Rückweg wird sich etwas länger ziehen als der Aufstieg.
Auf dieser Tour geht’s ausnahmsweise mal den gleichen Weg zurück, aber nur bis zum Teufelsloch. Ich finde allerdings, dass man beim Abstieg andere Eindrücke erfährt, als raufwärts. Der Blick schweift nun deutlich weiter, ganz besonders auf dem ersten Stück runter vom Gipfel zur Himmelsleiter. Die Natur zeigt sich von ihrer schönsten Nationalparkseite.
Nach dem Teufelsloch geht’s nun nicht wieder runter zur Martinsklause, sondern gerade aus weiter auf dem Oberen Horizontalsteig. Dieser führt uns die nächsten 6km unterhalb des Kleinen und Großen Spitzberg, Plattenhausriegel und Bärenlochriegel nach Westen. Der Höhenunterschied ist mit 100m kaum wahrnehmbar. Die Flachetappe zieht sich fast 1.5h. Der abwechslungsreiche Wald lässt allerdings zu keiner Zeit Tristesse aufkommen.
Wenn du hier nicht nur schnellstmöglich Richtung Diensthütte schreitest, sondern die Natur auf dich wirken lässt, dann werden dir viele solcher Eindrücke in Erinnerung bleiben.
Der Weg mündet dann letztendlich in den Buntspecht Wanderweg von der Felsenkanzel runter zur Diensthütte. Von da an sind’s noch etwas 10 Minuten bis zur wohlverdienten zweiten Einkehr, die ein würdiger Abschluss dieser grandiosen Lusenwanderung ist. Unbedingt mal gehen!